Löcher und Linsen
Ein Rückblick auf den International Pinhole Day 2008
 
Der Worldwide Pinhole Photography Day (kurz WPPD) war dieses Jahr am 27.04.2008. Eingeläutet wurde dieses Event hier in Bergen mit einem am Tag zuvor stattgefundenen Workshop im Laden von Antonio Stasi, wo jeder Interessierte lernen kann, wie man Lochkameras baut. Diese Workshops finden übrigens jedes Jahr statt. Selbstverständlich drehte sich das Hauptaugenmerk auf das Loch als solches. Perfekt rund und klein sollte es sein, frei von Ovalitäten, Graten und Dellen. Also in etwa die selben Anforderungen für Objektivlinsen, plan, frei von Unebenheiten, keine Glaseinschlüsse und kein Fertigungsstaub. Dieser Tag ist ausschließlich der linsenlosen Photographie gewidmet (die Objektivlinsen kamen nur zur Dokumentation des Workshops zum Einsatz), wie es auch schon vor mehreren Jahrhunderten praktiziert wurde. Ok, der gemeine Krümelkacker wird nun behaupten, das es die Photographie, also das darstellen von Bildern mit Hilfe von photochemischen Verfahren basierend auf Silbersalzen erst seit etwa 100 Jahren bekannt ist.  Na und? Den Unkenrufen zum Trotz zähle ich das Abzeichnen einer bildmäßigen Darstellung auf dem „Grundglas“ einer Camera obscura auch dazu.
Jedenfalls habe ich im Workshop zwei Löcher gefertigt, das eine um eine Kamera aus Holz zu komplettieren, welche das Filmformat 4x5“ aufwies und mit Planfilmkasetten bestückt wurde. Das andere Loch kam in meine Zigarrenbox die für den Kameraeinsatz modifiziert wurde (von innen schwarz gestrichen und ein großes Loch in den Deckel hindurchgebohrt) und für den Einsatz von Fotopapier vorgesehen ist. Insgesamt nahmen wohl 30 Liebhaber der linsenlosen  Photographie am Workshop teil, um am Sonntag eben gemeinsam durch Bergen zu ziehen und zu photographieren.
Die fertig entwickelten und gescannten Bilder können auf der Webseite www.pinholeday.org dann hochgeladen werden. Da leider nur ein Bild pro Person ins Netz gestellt werden darf, mußte man sich zwangsläufig entscheiden. Dies war bei meinen Bildern echt schwierig, letztendlich wurde von einigen Workshopteilnehmern entschieden folgendes Bild zu veröffentlichen (ich hab mich dezent bei der Entscheidung herausgehalten):  
Artikel
Sonntag, 4. Mai 2008
Es ist auch direkt unter http://www.pinholeday.org/gallery/2008/index.php?id=1518 zu finden. Wer Lust hat auch das andere Bild zu sehen, der wird in der Großformatbildergalerie fündig.
Ursprünglich wollte ich nur den Mann fotographieren, der einsam am Geländer stand und auf die Schiffe im Hafen starrte. Auf einmal kam eine Frau mit sichtlichem Tempo auf den Mann zu und fiel ihm in die Arme um ihn zu küssen. Ich riß mein Ministativ herunter, knallte es auf die Abdeckung der Fischbecken vom Fischmarkt, stellte die Kamera drauf, drückte sie gegen das Stativ, riß den Schieber der Planfilmkasette heraus und öffnete meinen Verschluß (bestehend aus einem Verbund von schwarzem Klebeband mit unentwickelten aber belichteten Film). Dieser Begrüßungskuß dauerte zum Glück 10 Sekunden und meine Vorbereitungsaktion dauerte ca. 4 Sekunden. Es paßte also wie die Faust aufs Auge und nun Bestand nur noch die Frage, wird es etwas oder nicht, denn normalerweise wird die Kunst des Einfangens des entscheidenden Momentes eher der „Street photography“ mit Rangefinderkameras á la Leica, Nikon und Contax oder neuerdings auch mit Pixelmonstern zugeschrieben und nicht der laaangsamen Aufnahme mit Löchern. Zudem hatte ich eigentlich vor mit 10 bis 15 Sekunden zu belichten, doch glücklicherweise kam in diesem Moment auch noch die Sonne mir zu Hilfe und es kam nicht zu der befürchteten Unterbelichtung.
Wie man sieht war das Quäntchen Glück gehörig mit dabei.  :-)  
Kissing Couple: Aufgenommen am 27.04.2008 gegen 11:00 Uhr mit einer 4x5“ Pinholekamera, 0,3 mm Lochdurchmesser und 6 cm „Brennweite“, Belichtungszeit: 6 sec
„Smoking kills, but if you want the thrill, get  Punch!“
Dies ist meine zur Camera obscura umgebaute Zigarrenkiste. Das geschah am 26.04.2008, ein Tag vor dem WPPD.
Dieses Exemplar werde ich ausschließlich zum Belichten von Fotopapier verwenden.